Wann wurde unser CVJM gegründet? – 1860, 1885, 1900, 1911 oder 1976?

Wer die im Jahr 2010 zum 150. Jubiläum von Joachim Lante und Frank Schulz zusammengestellte Festschrift liest, merkt bald, dass alle dieser Jahreszahlen nicht falsch sind, sondern ein Stück weit richtig.

Am ersten Advent 1860 gründete der damalige „Oberhelfer“ Karl Ludwig Kalchreuter in Reutlingen mit fünf jungen Männern einen Evangelischen Jünglingsverein. „Helfer“ war der Titel der weiteren Pfarrer in großen Gemeinden neben dem Stadtpfarrer. Kalchreuter wurde bald Stadtpfarrer und dann auch Dekan. Der Vorschlag zur Gründung kam von einem Jugendlichen aus dem Hessischen, wo es schon länger solche Jünglingsvereine gab. Sonntags gab es eine Bibelstunde, dazu kamen Leseabende und Singstunden. 

In den Jahrhunderten davor hatte es von Seiten der Kirche nur Gottesdienste und Konfirmandenunterricht für die Jugendlichen gegeben, aber nun in Zeiten der Industrialisierung und des Zuzugs von den Dörfern in die Städte brauchte es neue Arbeitsformen. 

Der Jünglingsverein hielt seine Veranstaltungen im Evangelischen Vereinshaus in der Metzgerstraße 13 ab, später im eigenen Haus, des ehemaligen Gasthofs „Sonne“ in der Lederstraße 44 (beim Tübinger Tor).   ((Bild Evang. Vereinshaus))

1885 aber wurde in Reutlingen neben dem Jüngingsverein ein weiterer Verein gegründet, der sich den Namen „Christlicher Verein Junger Männer“ gab. Gründer war Friedrich von Schlümbach, ein ehemaliger Zögling des Bruderhauses, der nach Amerika ausgewandert war. Dort erlebte er eine Bekehrung, kam nach Deutschland zurück und gründete den ersten CVJM in Reutlingen. Dem Verhandlungsgeschick von Dekan Kalchreuter war zu verdanken, dass es keine Konkurrenz, sondern ein gutes Miteinander der beiden Vereine gab. Dieser CVJM änderte aber bald seinen Namen in „Evangelischer Männerverein“ und löste sich später auf. 

Evangelisches Vereinshaus (um 1900) StadtA Rt, S 103 Nr. 0115

1900 wurde aus dem Jünglingsverein ein „eingetragener“, also juristisch fassbarer Verein, wie wir es bis heute sind.

In den folgenden Jahren hatte der Jünglingsverein großen Zulauf. Ein Jugendsekretär wurde angestellt. Da die jungen Bäcker an den Abendprogrammen nicht teilnehmen konnten, wurde eine eigene Bäckerabteilung geschaffen. Innerhalb des Vereins entstanden ein Posaunenchor und eine Gruppe „Christlicher Pfadfinder“. 1911 bekam der Jünglingsverein einen neuen Namen: „Christlicher Verein Junger Männer“. 1957 wurde das Vereinshaus, die ehemalige „Sonne“ (beim Tübinger Tor), verkauft und abgerissen und der CVJM zog in den ehemaligen Pfleghof des Klosters Obermachtal ein.

Und nun der letzte „Gründungstag“: Zu unserem heutigen Verein wurde der CVJM erst am 11. Februar 1976. Da fusionierten wir mit dem Mädchenwerk und aus den „jungen Männern“ im Vereinsnamen wurden die „Jungen Menschen“.

Wir sehen: immer wieder Umbrüche und Änderungen, aber das Anliegen bleibt gleich: Etwas zum Reich Gottes beizutragen.

Jürgen Quack